Wer ist Paula Dobriansky ? Imperialismus konkret – Menschenrechte als politische Waffe des State Department

Von Hans-Werner Klausen

Paula Dobriansky
Seit einigen Wochen steht China im Kreuzfeuer einer generalstabsmäßig geplanten westlichen Menschenrechtskampagne anläßlich der Olympischen Spiele. Aufhänger der laufenden Anti-China-Kampagne ist die Lage in Tibet. Die Tageszeitung „Junge Welt“ schrieb – unter Berufung auf den kanadischen Journalisten Doug Saunders – in ihrer Ausgabe vom 10. April 2008 :

0. Paula J. Dobriansky als Tibet-Koordinatorin des State Department

„Ausgangspunkt für die internationale antichinesische Tibet-Kampagne war Saunders zufolge eine Konferenz der Friedrich-Naumann-Stiftung, die vom 11. bis zum 14. März in Brüssel als »International Tibet Support Groups Conference« abgehalten wurde…. Die Konferenz ging nach mehrtägigen Verhandlungen mit der Einigung auf einen »Aktionsplan« zu Ende. Das Papier wird als »Roadmap für die Tibet-Bewegung der kommenden Jahre« bezeichnet und bezieht sich auf vier Themen: »politische Unterstützung für Verhandlungen«, »Menschenrechte«, »Umwelt und Entwicklung« und »die Olympischen Spiele 2008 in Peking«. Die Konferenzteilnehmer kamen überein, für die kommenden 15 Monate Olympia zum Hauptangriffspunkt ihrer Aktivitäten zu machen. Anwesend war unter anderem auch Paula Dobriansky, Undersecretary of State im US-Außenministerium und Special Coordinator für Tibet…. Frau Dobriansky wird dem inneren Kreis der Neokonservativen in der Bush-Regierung zugerechnet und gilt als durchsetzungsfähige Hardlinerin.“(1)

Die Teilnahme von Paula Dobriansky an der Brüsseler Tibet-Konferenz vom März 2007 ist für die „Berliner Umschau“ Anlaß, diese Persönlichkeit aus dem Netzwerk der Neocons und Menschenrechtsimperialisten ihren Lesern vorzustellen.

1. Paula J. Dobriansky und ihr Aufgabenbereich im State Department – kurze Beschreibung

Paula Dobrinsky ist seit dem Amtsantritt der Regierung George W. Bush (2001) im State Department für „globale Angelegenheiten“ zuständig. In ihrer offiziellen Biographie wird ihr Aufgabenbereich folgendermaßen beschrieben:

„Paula J. Dobriansky was nominated by President Bush on March 12, 2001, unanimously confirmed by the Senate on April 26, and on May 1, sworn in as Under Secretary of State for Global Affairs. On July 29, 2005, she became Under Secretary of State for Democracy and Global Affairs. In this capacity, she is responsible for a broad range of foreign policy issues, including democracy, human rights, labor, refugee and humanitarian relief matters, and environmental/science issues. She has also been designated as the Special Coordinator for Tibetan Issues and in February 2007, she was appointed the President’s Special Envoy on Northern Ireland, with the rank of Ambassador.“ (2)

Also ein sehr umfangreicher Aufgabenbreich. In der Hierarchie des State Department ist Paula Dobrinansky den anderen „Under Secretaries“ gleichgestellt (3). Ihnen übergeordnet sind der Vizeaußenminister John Dimitri Negroponte (seit Februar 2007 im Amt; von 2005 bis 2007 war Negroponte Koordinator der US-Geheimdienste) und Außenministerin Rice.

2. Paula J. Dobriansky – Herkunft und Karriere bis 2001

Paula Dobriansky war gewissermaßen in die Politik hineingeboren worden. Ihr Vater, der Wirtschaftsprofessor Lev Dobriansky (1918 – 2008) war ein politischer Aktivist der ukrainischen Diaspora in den USA. Während des Zweiten Weltkrieges stand Lev Dobriansky im Dienste des OSS. Während der Jahrzehnte des Kalten Krieges war Lev Dobriansky (nach Ansicht russischer Patrioten) ebenso russophob wie antikommunistisch. Im Grunde war bei Lev Dobriansky (ähnlich wie etwa bei Richard Pipes oder Zbigniew Brzezinski) die Russophobie stärker als der Antikommunismus. Lev Dobriansky war der Autor der im Jahre 1959 vom USA-Kongress verabschiedeten „Captive Nations Resolution“ (von Präsident Eisenhower im Juli 1959 unterzeichnet und dadurch zum US-Bundesgesetz geworden). Die Resolution enthielt eine Aufzählung zahlreicher, von den Kommunisten unterdrückter Völker (darunter die Völker des Baltikums, der Ukraine, der europäischen SU-Satellitenstaaten, Georgiens, Armeniens, Aserbaidshans, Chinas, Tibets, Nordkoreas und Nordvietnams, sowie eines mysteriösen „Idel-Ural“) das russische Volk wurde in dieser Resolution jedoch „vergessen“ (4) . Für dieses antirussische Gesetz (in den Augen patriotischer Russen ist es ein rassistisches Gesetz) hatten sich vor allem Aktivisten der ukrainischen, polnischen und jüdischen Diaspora eingesetzt. Seit der Annahme des Gesetzes wurde jedes Jahr im Juli in den USA eine „Woche der versklavten Völker“ durchgeführt.

Lev Dobrianskys Tochter Paula Dobriansky (geboren 1955) studierte an der Georgetown University (Abschluß mit „summa cum laude“) und machte ihre Dissertation (über sowjetische Außen- und Militärpolitik) an der Harvard University (ihre 1991 veröffentlichte Dissertation trug den Titel „The military determinants of Soviet foreign policy : 1945 – 1988“) . Während der Reagan-Ära arbeitete sie bis 1987 als Sowjetexpertin im Nationalen Sicherheitsrat (National Security Council – NSC) beim Präsidenten. Von 1981 bis 1983 war der Harvard-Professor, neokonservative Demokrat und militante Antikommunist Richard Pipes (hatte 1976 im Auftrag von Präsident Ford das „Team B“ für die Einschätzung der Militärpolitik des Kreml geleitet; zum „Team B“ hatte Paul Wolfowitz gehört) ,der für die Sowjetunion zuständige Bereichsleiter im NSC. Ein in den Memoiren von Richard Pipes abgedrucktes Foto zeigt Richard Pipes (in den Augen patriotischer Russen wie Alexander Solschenizyn ist Richard Pipes ein Russophober) im Kreis seiner damaligen Mitarbeiter, unter ihnen Paula Dobrianksy. Zuletzt war Paula Dobriansky im NSC Bereichsleiterin mit Zuständigkeit für die Sowjetunion und Europa.

1987 wechselte Paula Dobriansky vom NSC zum State Department. Von 1987 bis 1990 arbeitete sie dort als „Deputy Assistant Secretary for Human Rights and Humanitarian Affairs“. Danach war sie für die U.S. Informations Agency (USIA – damals die zentrale Behörde der offiziellen US-Auslandspropaganda) bis 1993 (Amtsantritt der Regierung Clinton) als „Associate Director for Policy and Programs“ tätig.

Während der Clinton-Ära war Paula Dobriansky zunächst Beraterin einer Anwaltsfirma und Fellow bei der neokonservativ geprägten Denkfabrik (Think Tank) Hudson Institute. Für den einflußreichen Council on Foreign Relations (CFR) war sie als Vizepräsidentin und als Leiterin des Washingtoner CFR-Büros tätig. Als ihr eigenes Arbeitsgebiet im CFR wurden angegeben: „European political and military affairs; Russia and Ukraine; democracy and human rights; U.S. foreign policy“ (5)

Paula Dobriansky gehörte während der Clinton-Ära zahlreichen politischen Gremien an, darunter (in den Jahren 1995 bis 2001) dem Board of Directors (als stellvertretende Vorsitzende) der Menschenrechtsorganisation National Endowment for Democracy (NED – ist de jure eine private Organisation und de facto von der US-Regierung ebenso unabhängig wie einst die Komintern von der Sowjetunion), dem Balkan Institute (1995 bis 1998), dem Balkan Action Council (BAC) (1998 bis 2000), dem „Golden Circle“ des „U.S. Committee for a Free Lebanon“ (USCFL) (gegründet 1997) , dem Kuratorium (Board of Trustees) der „Menschenrechtsorganisation“ Freedom House und der konservativen Frauenorganisation Independent Women’s Forum (IWF). Mit dem Think Tank Center for Security Policy (CSP) (einem Zusammenschluß von Neocons, „National Security Militarists“ und Zionisten) war sie als Mitglied des National Security Advisory Council (NSAC) verbunden.

Während des Präsidentenwahlkampfes 1996 war Paul Dobriansky in der Wahlkampagne des republikanischen Kanidaten Robert („Bob“) Dole Koordinatorin für Außenpolitik. Als das Project for the New American Century (PNAC) am 3. Juni 1997 seine Prinzipienerklärung veröffentlichte, war Paula Dobriansky unter den Unterzeichnern (6) Auch bei weiteren Offenen Briefen, die für die politischen Ziele des PNAC und seiner Bündnispartner warben (darunter hinsichtlich des Irak, der Ost-Erweiterung der NATO, der NATO-Intervention auf dem Balkan und hinsichtlich Syriens) war Paula Dobriansky unter den Unterzeichnern. Als Kuratoriumsmitglied bei Freedom House und stellvertretende Vorsitzende des Board of Directors bei NED dürfte sie die „Revolution“ in Belgrad (Herbst 2000) nicht nur aus der Perspektive einer unbeteiligten Beobachterin verfolgt haben.

3. Paula Dobriansky und die PNAC-Mannschaft unter George W. Bush

Paula Dobriansky bezog im Frühjahr 2001 bald nach dem Amtsantritt der Regierung George W. Bush ihr Büro im State Department. In der öffentlichen Wahrnehmung stand sie indessen immer im Schatten anderer Neocons, die im Jahre 2001 auf verantwortliche Posten im Regierungsapparat gelangten. Zu ihnen gehörten Paul Wolfowitz (2001 – 2005 stellvertretender Verteidigungsminister), Douglas Feith (2001 – 2005 Staatssekretär für Politik im Pentagon), John Bolton (2001 – 2005 Staatssekretär für Rüstungskontrolle und internationale Sicherheit im State Department, 2005 – 2006 Botschafter bei der UNO), Richard Perle (2001 – 2003 Vorsitzender des Verteidigungspolitischen Beirats [Defense Policy Board] beim Pentagon), David Wurmser (2001 bis 2003 Assistent von John Bolton, 2003 bis 2007 Nahostberater von Vizepräsident Cheney), Irving Lewis „Scooter“ Libby (2001 bis 2005 bei Vizepräsident Cheney Büroleiter und Berater für Nationale Sicherheit) oder Zalmay Khalilzad (dessen wechselnde Funktionen seit 2001 an dieser Stelle nicht aufgezählt werden können). Erwähnen muß man natürlich auch Cheney und Rumsfeld – keine Neocons im engeren Sinne (Rumsfeld und Cheney gehören eher zu den „National Security Militarists“) , doch Leute aus der Mannschaft des PNAC mit zahlreichen Querverbindungen zum Netzwerk der Neocons (die bei Rumsfeld zum Teil bis in seine erste Amtszeit als Pentagon-Chef unter Präsident Gerald Ford zurückreichen).

Seit 2005 sind viele Neocons mehr oder weniger freiwillig aus dem Regierungsapparat gegangen. Der einflußreichste verbliebene Neokonservative im Regierungsapparat dürfte indessen für Paula Dobriansky der natürliche Ansprechpartner in der Umgebung des Präsidenten sein: Elliott Abrams. Elliott Abrams (ein ehemaliger Jungsozialist) ist als Schwiegersohn von Midge Decter und Norman Podhoretz mit dem neokonservativen Hochadel verbunden und war in den achtziger Jahren (damals als Staatssekretär für Lateinamerika im State Department) in die Iran-Contra-Affäre verwickelt. George W. Bush holte Elliott Abrams im Jahre 2001 in den Nationalen Sicherheitsrat. Seit dem Februar 2005 ist Elliott Abrams „Deputy Assistant to the President and Deputy National Security Advisor for Global Democracy Strategy“ (7).

Im Frühjahr 2007 bekam die einstige PNAC-Mannschaft (das PNAC als Organisation ist seit 2006 nicht mehr aktiv) weitere Verstärkung im State Department: der Militärwissenschaftler Eliot A. Cohen aus der PNAC-Mannschaft (der im September 2001 den Begriff „Vierter Weltkrieg“ geprägt hatte) wurde zum hauptamtlichen Berater von Außenministerin Rice ernannt.

4. Paula Dobriansky im State Department – Einsatz für Menschenrechte als politische Waffe der USA

Paula Dobriansky hat über den Stellenwert der Menschenrechte als politische Waffe in der Strategie der USA keinen Zweifel gelassen. Gerade Paula Dobriansky war es, die im Februar 2005 für den Libanon den Begriff „Zedernrevolution“ geprägt hat. Hier ein längeres Zitat aus der entsprechenden Stellungnahme von Paula Dobrianksy anläßlich der Veröffentlichung des Jahresberichts des State Department über die Menschenrechte vom 28. Februar 2005:

„Our approach on human rights is set clearly and unambiguously by President Bush. In his inaugural address, he stated: „The survival of liberty in our land increasingly depends on the success of liberty in other lands. The best hope for peace in our world is the expansion of freedom in all the world.“ In his State of the Union address, he elaborated that: „Our aim is to build and preserve a community of free and independent nations, with governments that answer to their citizens, and reflect their own cultures. And because democracies respect their own people and their neighbors, the advance of freedom will lead to peace.“ In other words, the United States will work globally to promote democracy, as democracy is the best guarantor of human rights.

Promoting human rights is not just an element of our foreign policy–it is the bedrock of our policy, and our foremost concern. These reports put dictators and corrupt officials on notice that they are being watched by the civilized world, and that there are consequences for their actions. With these in hand, we look forward to the day when all nations are part of the growing community of democracies, and tyranny and slavery exist only as a sad chapter in human history

We find ourselves in an era of monumental advancement for human rights and democracy. As the President noted in Bratislava just last week, there was a rose revolution in Georgia, an orange revolution in Ukraine, and most recently, a purple revolution in Iraq. In Lebanon, we see growing momentum for a ‘cedar revolution’ that is unifying the citizens of that nation to the cause of true democracy and freedom from foreign influence. Hopeful signs span the globe, and there should be no doubt that the years ahead will be great ones for the cause of freedom.

China’s human rights conduct remains one of the top concerns of the U.S. Government. Throughout China and notably in Tibet, affronts to the dignity of human life abound. … “ (8)

Paula Dobriankskys Erklärung „the United States will work globally to promote democracy“ ist keine Propagandaphrase, sondern eine massive Drohung an die Adresse aller Staaten, die von den USA, der NATO, staatlich alimentierten „Menschenrechtsorganisationen“ und von diversen Massenmedien für „undemokratisch“ erklärt werden. Und welche Staaten gerade „undemokratisch“ sind – darüber gibt es fast immer „zufällig“ einen breiten Konsens der Demokraten – von den härtesten atlantischen Militaristen bis hin zum grünen Gutmenschenmilieu.

Menschenrechtsimperialismus und Einsatz militärischer Gewalt durch die „westliche Wertegemeinschaft“ sind zwei Seiten einer Medaille. Wo der Einsatz militärischer Gewalt als unzweckmäßig oder zu riskant erscheint, da wird mit Hilfe von Think Tanks, Stiftungen, Menschenrechtsorganisationen, diverser staatlicher Dienststellen usw. eine „Fünfte Kolonne“ aufgebaut. So etwas hat allerdings nicht immer Erfolg: China (mit dem warnenden Beispiel des Untergangs der Sowjetunion vor Augen) weigert sich aus gutem Grund, im eigenen Land eine Lobbydemokratie nach westlichem Muster einzuführen. In Rußland hat Wladimir Putin mit seiner Politik Rußland vor dem völligen Sturz in den Abgrund bewahrt – deshalb ist es nicht verwunderlich, daß die Versuche der dortigen „Fünften Kolonnen“ zur Destabilisierung bisher gescheitert sind. Auch Länder wie Belaruss, Kuba, Venezuela oder Syrien konnten sich bisher sowohl gegen äußeren Druck als auch gegen die Tätigkeit der „Fünften Kolonnen“ behaupten.

Sowohl aus biographischen Gründen als auch wegen der geostrategischen Interessen der USA wäre es mehr als unwahrscheinlich, daß Paula Dobriansky die „Orangene Revolution“ in der Ukraine nur als neutrale Beobachterin verfolgt hat . Für die Einflußnahme staatsnaher „Nichtregierungs“-Organisationen (Peter Scholl-Latour hat bei öffentlichen Vorstellungen seines Buches „Rußland im Zangengriff“ in diesem Zusammenhang wiederholt vom „Wanderzirkus der Berufsdemokraten“ gesprochen) auf die Ereignisse in der Ukraine und anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion gibt es genügend stichhaltige Hinweise in öffentlich zugänglichen Quellen.

An der antirussischen Kampagne, die im Herbst 2006 nach der Ermordung der Journalistin Anna Politkowskaja eine weitere Steigerung erfahren hatte, war Paula Dobriansky persönlich beteiligt. Am 7. Oktober 2006 wurde Anna Politkowskaja ermordet und am 16. Oktober 2006 wurde bei National Endowment for Democracy (NED) eine Gedenkveranstaltung durchgeführt. In einem kurzen Bericht der von NED herausgegebenen Zeitschrift „Journal of Democracy“ (Journal of Democracy, Vol. 18 [ 2007 ] , No. 1, Seite 183) werden unter den Gedenkrednern Zbigniew Brzezinski, Paula Dobriansky und Garry Kasparow genannt – zu einer Zeit als Kasparow zum Führer der russischen „Demokraten“ gegen den „Diktator Putin“ aufgebaut werden sollte. Kasparow (Ende 1991 vom CSP mit dem „Keeper of the Flame Award“ ausgezeichnet) wurde übrigens bis Anfang April 2007 in der Mitgliederliste des NSAC beim Center for Security Policy (CSP) geführt. Kasparow, der zufällig seit den neunziger Jahren in wichtigen Fragen der internationalen Politik als Kommentator für die US-Presse ähnliche Standpunkte wie die Neocons geäußert hatte, erklärte im April 2007 das Führen seines Namens in der NSAC-Mitgliederliste als „bürokratisches Kuriosum“.

5. Paula Dobriansky und ihr „Advisory Committee on Democracy Promotion“ beim State Department : ein Auszug aus dem „Wer ist wer“ der Berufsdemokraten und Neocons

Im Jahre 2006 wurde auf Anweisung von Außenministerin Rice beim State Department ein „Advisory Committee on Democracy Promotion“ gegründet. Rice ist in amtlicher Eigenschaft Mitglied dieses Beratergremiums, Paula Dobriansky übt dort die Funktion eines „Executive Director“ aus.

Ein Blick auf die Mitgliederliste des Advisory Committee on Democracy Promotion lohnt sich:

„Advisory Committee on Democracy Promotion Members
Stand: 18. April 2007
– J. Brian Atwood**, University of Minnesota
– Lorne Craner, International Republican Institute
– Chester Crocker, Georgetown University
– Bernard Delury, Federal Mediation and Conciliation Service
– Aaron Friedberg, Princeton University
– Carl Gershman, National Endowment for Democracy
– Donald Horowitz, Duke University
– Craig Kennedy**, German Marshall Fund
– Clifford May, Foundation for the Defense of Democracies
– Joshua Muravchik**, American Enterprise Institute
– Michael Novak, American Enterprise Institute
– Mark Palmer, Council for a Community of Democracies
– Anne Marie Slaughter*, Princeton University
– Richard Soudriette, IFES
– Jennifer Windsor, Freedom House
– Ken Wollack, National Democratic Institute
– Vin Weber, National Endowment for Democracy
– Rich Williamson, Mayer Brown Rowe and Maw

* Denotes chairperson
** Denotes new member“
http://www.state.gov/g/drl/rls/83347.htm

Wir können an dieser Stelle nicht alle Mitglieder dieser ehrenwerten Gesellschaft unseren Lesern vorstellen und müssen uns auf einige Mitglieder des Gremiums beschränken.

Anne Marie Slaughter ist nicht nur Professorin der angesehenen Princeton University, sondern auch Mitglied des Board of Directors beim Council on Foreign Relations (CFR). Ihren Namen findet man auch (zusammen mit Persönlichkeiten wie Madeleine Albright, William Perry [ 1994 bis 1997 Kriegsminister unter Clinton ] und Leslie Gelb (Ex-Präsident des CFR) im Board of Advisors des Truman National Security Project – eines lockeren Zusammenschlusses von Falken aus der Demokratischen Partei und ihrem Umfeld, die sich stolz auf das politische Erbe des Kalten Kriegers Harry S. Truman berufen. Truman gehört auch zu den Ikonen der Neocons.

Jennifer Windsor hat von 1991 bis 2001 in wichtigen Positionen für die U.S. Agency for International Development (USAID – zentrale Behörde für die zivile Auslandshilfe der USA) gearbeitet und ist seit Januar 2001 Executive Director bei Freedom House. Vorsitzender der Kuratoriums (Board of Trustees) bei Freedom House war übrigens in den Jahren 2002 bis 2005 (als die „Revolutionen“ in Kiew und Beirut stattfanden) der ehemalige CIA-Chef James Woolsey, der gleichzeitig zum Klüngel der Neocons und harten Militaristen gehört (er ist u.a. Co-Vorsitzender des NSAC beim CSP und Co-Vorsitzender der im Jahre 2004 wiedergegründeten neokonservativen Frontorganisation Committee on the Present Danger (CPD). Unter den Mitgliedern des Board of Trustees bei Freedom House befindet sich auch Diana Villiers Negroponte – die Ehefrau des jetzigen US-Vizeaußenministers und früheren Geheimdienstkkordinators.

Der frühere republikanische Kongreßabgeordnete Vin Weber (1980 bis 1992 Mitglied des Repräsentantenhauses; danach trat er in eine Lobbying-Firma ein) war 1997 Mitunterzeichner der Prinzipienerklärung des PNAC. In den Jahren 1998 bis 2001 hat er mehrere Offene Briefes des PNAC unterzeichnet. Gegenwärtig ist Weber Vorsitzender des Board of Directors (diese Position bekleidet er seit dem Jahre 2001) bei NED und Mitglied des Board of Directors beim CFR.

Kenneth D. Wollack teilt sich die Leitung des National Democratic Institute for International Affairs (NDI) mit Madeleine Albright (Wollack ist Präsident, Albright ist Vorsitzende des Board of Directors). Das NDI ist die Mitte der 80er Jahre gegründete parteinahe außenpolitische Stiftung der Demokraten und gleichzeitig eine Suborganisation von NED.

Brian Atwood war von 1986 bis 1993 der erste Präsident des National Democratic Institute for International Affairs (NDI). Unter Clinton leitete er von 1993 bis 1999 die USAID. Gegenwärtig ist Atwood Dekan des Hubert H. Humphrey Institute of Public Affairs bei der University of Minnesota. Dem NDI gehört er als Mitglied des Board of Directors an. Atwood war auch einige Jahre Mitglied des Board of Trustees bei Freedom House – er ist also ein alter Kollege von Paula Dobriansky.

Lone Craner vertritt im Advisory Committee on Democracy Promotion bei Condoleezza Rice und Paula Dobriansky das International Republican Institute (IRI). Das IRI ist auf der Seite der Republikaner das Pendant zum NDI der Demokraten und ist ebenfalls ein Teil der „NED-Familie“. Vorsitzender des Board of Directors des IRI ist seit 1992 Senator John McCain. Randy Scheunemann – Lobbyist, einer der Direktoren des PNAC und gegenwärtig außenpolitischer Chefberater des Präsidentschaftskanidaten McCain – ist beim IRI unter den Mitgliedern des Board of Directors. Lone Craner ist seit 2004 Präsident des IRI – ein Amt, dass er bereits von 1992 bis 2001 ausgeübt hatte. Von 2001 bis 2004 war er im State Department tätig (Amtsbezeichnung: „Assistant Secretary for Democracy, Human Rights and Labor“)

Mark Palmer war von 1964 bis 1990 Diplomat und Experte für die von Kommunistischen Parteien regierten Staaten. Von 1986 bis 1990 war er Botschafter in Ungarn. Palmer ist stellvertretender Vorsitzender des Board of Trustees bei Freedom House und gehört der 2004 wiedergegründeten neokonservativen Frontorganisation Committee on the Present Danger (CPD) an.

Craig Kennedy ist Präsident des German Marshall Fund of the United States (GMFUS) – einer amerikanischen Organisation, die teilweise von der BRD-Bundesregierung, teils von Parteistiftungen und teils von privaten, halbstaatlichen und staatlichen Stiftungen und Spendern von diesseits und jenseits des Atlantik finanziert wird. Der GMFUS ist sowohl in den USA als auch in mehreren europäischen Ländern aktiv. Der GMFUS war gemeinsam mit dem rumänischen Außenministerium und dem britischen Royal Institute of International Affairs Veranstalter einer Konferenz, die vom 1 bis 3. April 2008 – parallel zum offiziellen NATO-Gipfeltreffen – in Bukarest stattfand. Während dieser Konferenz hielt der russische „Demokrat“ Kassjanow eine Rede gegen die Aussenpolitik seines Landes – was in jedem normalen Staat als Verstoß gegen ein ungeschriebenes Gesetz (ein Politiker hat bei öffentlichen Auftritten im Ausland nicht die Außenpolitik der eigenen Regierung zu kritisieren) gelten würde. James Woolseys Frau Suzanne Woolsey ist – natürlich zufällig – im Board of Trustees des GMFUS vertreten. Der neokonservative Ideologe Robert Kagan (einer der Direktoren des PNAC) ist in Brüssel Transatlantic Fellow des GMFUS.

Aaron Friedberg von der Princeton University gehört zur PNAC-Mannschaft. Von 2003 bis 2005 war er im Büro von Vizepräsident Cheney stellvertretender Berater für nationale Sicherheit. Friedberg gilt als Verfechter eines harten Kurses gegen China.

Der Journalist Clifford May ist Vorsitzender der im Herbst 2001 gegründeten Foundation for Defense of Democracies (FDD). Die FDD setzt sich vor allem für die propagandistische Unterstützung des „Krieges gegen den Terror“ ein und ist de facto eine Frontorganisation der Neocons. In den Führungsgremien (Board of Directors, Distinguished Advisors, Board of Advisors) findet man zahlreiche Namen aus dem Netzwerk der Neocons, darunter James Woolsey, Max Kampelman, Senator Joseph Lieberman, Frank Gaffney, William Kristol, Richard Perle und die im Dezember 2006 verstorbene Jeane Kirkpatrick. Die neokonservative Ikone Jeane Kirkpatrick (1981 bis 1985 US-Botschafterin bei der UNO) war auch bei Freedom House, im International Republican Institute und in zahlreichen Komitees eine Kämpferin für Demokratie und Menschenrechte im Sinne Washingtons.

Jeane Kirkpatrick war übrigens bis zu ihrem Tod auch unter den Mitgliedern des International Council of Advisors der International Campaign for Tibet (ICT) (10) – einer international verzweigten Organisation für Pro-Tibet-Propaganda mit Büros in Washington, Amsterdam, Berlin, und Brüssel und mit personellen Querverbindungen sowohl zu Freedom House als auch zu James Woolseys Committee on the Present Danger (CPD). Die ICT hatte im Jahre 2001 die Ernennung von Paula Dobriansky zur Tibet-Koordinatorin des State Department ausdrücklich begrüßt (11). Und wenn man auf der Seite der ICT ein wenig klickt, dann findet man beim International Council of Advisors so unverdächtige Namen wie Vaclav Havel oder Elie Wiesel – beide sind gleichzeitig Mitglieder von Mr. Woolseys Committee on the Present Danger (CPD). Ein bemrkenswerter Namen im International Council of Advisors der ICT ist auch der exilchinesischen Dissident Fang Lizhi. Fang war 1987 das erste Mal international bekanntgeworden, weil er die „totale Verwestlichung“ Chinas gefordert hatte und deshalb aus der KP ausgeschlossen wurde. Nach der Niederwerfung des Studentenaufstands 1989 lebte Fang ca. ein Jahr lang in der US-Botschaft in Peking. Und im ICT Board of Advisors findet man eine gute Bekannte von Paula Dobriansky aus „Freedom House“ – Bette Bao Lord, die in den neunziger Jahren bei Freedom House Vorsitzende des Board of Trustees war und gegenwärtig in der Mitgliederliste dieses Gremiums als „Chairman Emeritus“ geführt wird.

Michael Novak, Carl Gershman und Joshua Muravchik haben bereits in den siebziger Jahren (damals noch im Rahmen der Demokratischen Partei) die Entspannungspolitik, die „Neue Linke“ und deren Ausläufer bekämpft. Novak, Gershman und Muravchik haben noch weitere Gemeinsamkeiten: sie sind mit National Endowment for Democracy verbunden, sie sind zu Neocons mutierte Ex-Linke, und sie setzen sich seit Jahrzehnten für militärische Stärke der USA, für die Unterstützung Israels und für den Einsatz der Menschenrechte als politische Waffe der USA ein.

Michael Novak war in den sechziger Jahren so etwas wie der typische US-amerikanische Linkskatholik, der die damalige Protestbewegung mit theologischen Argumenten unterstützt hatte. Noch im Wahlkampf 1972 (als sowohl Gershman als auch Muravchik längst zu den schärfsten Gegnern der Entspannungspolitik und der Neuen Linken gehörten) unterstützte Michael Novak den Wahlkampf des demokratischen Präsidentschaftskanidaten George McGovern, der gegen Nixon mit einem betont linksliberalen und pazifistischen Programm antrat und bei den Wahlen im November 1972 eine katastrophale Niederlage erlitt.

Michael Novak wandte sich bald danach vom „McGovernismus“ und der Protestbewegung ab und wurde ein aktiver Mitkämpfer auf dem neokonservativen Flügel der Demokraten, der sich nach der Wahlniederlage 1972 in der Coalition for a Democratic Majority (CDM) organisierte. Die CDM-Demokraten waren entschiedene Gegner der „Neuen Linken“ und der Entspannungspolitik. In der Außenpolitik befürworteten sie eine Rückkehr zur Politik der Stärke, einen kompromißlosen Kampf gegen den Ostblock, die Unterstützung von Menschenrechtsbewegungen im Ostblock und die bedingungslose Unterstützung Israels. Michael Novak engagierte sich auch im 1976 gegründeten Committee on the Present Danger (CPD) – einer Organisation zum Kampf gegen die Entspannungspolitik, in der sich sowohl CDM-Demokraten als auch harte Militaristen aus den Reihen der Republikaner zusammenschlossen (das 2004 wiedergegründete CPD sieht sich selbst in der Tradition des „alten“ CPD).

Novaks eigentliche Spezialgebiete wurden sowohl der Kampf gegen Linkstendenzen in der Römisch-Katholischen Kirche und den protestantischen Kirchen, als auch die Anpassung der katholischen Soziallehre an Adam Smith. Als Frontorganisation der CDM wurde unter maßgeblicher Beteiligung von Michael Novak 1981 das Institute on Religion and Democracy (IRD) gegründet. Währen die CDM nach dem Zusammenbruch des Ostblocks einschlief (die meisten neokonservativen Intellektuellen aus der CDM hatten sich unter Ronald Reagan politisch den Republikanern zugewandt, darunter auch diejenigen die formell registrierte Demokraten blieben und mit dem Tod des Senators Henry M. „Scoop“ Jackson hatte die CDM 1983 ihren politischen Führer verloren), ist das IRD bis heute politisch aktiv. Als Schwesterorganisationen des IRD an der religiösen Front unter Beteiligung von Michael Novak können das Ethics and Public Policy Center (EPPC) und das Herausgeberkollegium der Zeitschrift „First Things“ betrachtet werden. IRD, EPPC und „First Things“ erfüllen eine Scharnierfunktion zwischen neokonservativen Intellektuellen (Juden wie Christen) , Evangelikalen und Zionisten.

Michael Novak gehört auch der bedeutendsten neokonservativ geprägten Denkfabrik der USA – dem American Enterprise Institute (AEI) – an und ist seit 2002 Mitglied des Board of Directors von NED . Michael Novaks 1982 erschienenes Hauptwerk („The Spirit of Democratic Capitalism“) dürfte sich im Titel nicht zufällig an Max Weber anlehnen. In einem 1993 veröffentlichten Buch von Michael Novak wurde die Anlehnung an Max Weber ganz offensichtlich: „The Catholic Ethic & The Spirit of Capitalism“. Als sich der Vatikan Anfang 2003 gegen den in Vorbereitung befindlichen Irak-Krieg ausspruch, reiste Michael Novak nach Rom, um den Vatikan zur Linie der US-Regierung zu bekehren.

Joshua Muravchik und Carl Gershman schlieslich haben ihre politischen Wurzeln bei der Young People’s Socialist League (YPSL) (der Jugendorganisation der alten Socialist Party) und den Social Democrats USA. Joshua Muravchik war von 1967 bis 1973 Vorsitzender der YPSL. Carl Gershman war von 1970 bis 1974 nacheinander stellvertretender Vorsitzender, Co-Vorsitzender und Vorsitzender der YPSL. Ihre politischen Positionen hatten indessen mit den damals öffentlich vorgetragenen Positionen westdeutscher Juso-Funktionäre (deren „Linksheit“ allerdings nicht viel wert war – wie die späteren Karrieren von Juso-Vorsitzenden wie Karsten D. Voigt, Wolfgang Roth, Heidemarie Wieczorek-Zeul & Co. Gezeigt haben) so gut wie keine Ähnlichkeit. Die YPSL-Führung war militant antikommunistisch und prozionistisch, grenzte sich entschieden von der „Neuen Linken“ ab und suchte die Anlehnung an den „Scoop“ Jackson-Flügel der Demokraten sowie an die Gewerkschaftsführung um George Meany und Lane Kirkland.

Der wichtigste politische Mentor der YPSL-Führer war Max Shachtman (1904 bis 1972), ein früherer Sekretär Trotzkis, der 1938 die Gründungskonferenz der „Vierten Internationale“ geleitet hatte. 1972/73 spaltete sich die Socialist Party in drei Teile, die militanten Antikommunisten (unter ihnen Muravchik und Gershman) hatten damals die Mehrheit in der Partei und benannten sie in Social Democrats USA um. Gershman war von 1975 bis 1980 als „Executive Director“ der Social Democrats USA so etwas wie der hauptamtliche Generalsekretär der Partei. Gershman, Muravchik und ihre Genossen engagierten sich in der CDM (Muravchik war von 1977 bis 1979 Executive Director der CDM) , in der Gewerkschaftsbürokratie (besonders im außenpolitischen „AFL-CIA“-Apparat), im CPD und in Menschenrechtsorganisationen wie Freedom House für ihre Ziele.

Carl Gershman und Joshua Muravchik haben mit ihren eigenen Erfolgsgeschichten die der westdeutschen Achtundsechziger noch übertroffen. Doch sie sind sich dabei treuer geblieben als die Joseph Fischer, Cohn-Bendit, oder die zahlreichen Ex-Maoisten, Ex-Jusos, Ex-Spontis, Ex-Trotzkisten im heutigen westdeutschen Establishment und in den Überresten der westdeutschen Linken – sie waren immer gegen die „Neue Linke“ und für eine starke Macht der USA als Voraussetzung für die weltweite Ausbreitung der Demokratie westlicher Prägung. Man kann Joshua Muravchik und Carl Gershman vieles vorwerfen – sie sind jedoch keine opportunistischen Wendehälse.

Joshua Muravchik ist seit 1987 Resident Scholar beim AEI. Zahlreichen neokonservativ geprägten Institutionen gehört er ehren- oder nebenamtlich an. Mit National Endowment for Democracy (NED) ist er als Mitglied der NED-Tochterorganisation „International Forum for Democratic Studies Research“ verbunden. Seinen sozialistischen Glauben hat er längst verloren, doch ist er bis heute ein guter Kenner der Theorie und Geschichte des Sozialismus. Seine Kenntnisse auf diesem Gebiet dürften viel solider sein als die der deutschen „Kulturlinken“. Im Unterschied zum deutschen Gutmenschenmilieu ist Muravchik auch fähig seine Analysen und politischen Schlussfolgerungen ohne sinnfreies Moralgesülze zu präsentieren. Muravchik ist allerdings auch wenn er zur Feder greift ein Kämpfer.

Bezeichnend für ihn ist, dass er in einem Nachruf auf seinen 2005 verstorbenen Freund Penn Kemble (auch einen Genossen von Gershman und Muravchik aus den Reihen der YPSL/Social Democrats USA) für die Kennzeichnung von Willy Brandt die Vokabel „appeaser“ verwendet hat. „Appeasement“ war (in bewußter Anlehnung an die Politik Neville Chamberlains) in den siebziger Jahren ein bevorzugter Kampfbegriff der CDM-Demokraten gegen die Entspannungspolitik, denn in den Augen der CDM-Demokraten war die Sowjetunion Breshnews eine ähnliche Gefahr für den Westen wie das Deutschland Hitlers vor dem Zweiten Weltkrieg. Zwar ist die Sowjetunion längst untergegangen, doch wenn die Neocons Propaganda gegen „neue Hitlers“ machen (seit 1991 ist schon abwechselnd mehreren Staatsführern diese Rolle zuerkannt worden), taucht früher oder später die Vokabel „appeaser“ als Kampfbegriff der Neocons immer mal wieder auf..

Mit der Beschreibung von Carl Gershman schliesslich kehren wir in das Zentrum der „NED-Familie“ zurück, mit der Paula Dobriansky auch nach ihrem Ausscheiden aus dem NED-Vorstand verbunden blieb. Carl Gershman war von 1981 bis 1984 Chefberater von Jeane Kirkpatrick (die selbst sozialistische Wurzeln hatte und noch im Jahre 2002 als Rednerin auf einer Veranstaltung der Social Democrats auftrat) und ist seit 1984 Präsident von National Endowment for Democracy. George W. Bush ist bereits der vierte US-Präsident (nach Reagan, Bush senior und Clinton) unter dem Gershman sein Amt ausübt. Dank seiner guten Beziehungen zum aussenpolitischen Establishment beider Parteien hat er gute Aussichten, noch einige Jahre im Amt zu verbleiben.

Und niemand sollte sich wundern, falls Paula Dobriansky nach einem Regierungswechsel in Washington aus dem State Department wieder in die „NED-Familie“ zurückkehrt.

Fußnoten:
(1) Brutale Übergriffe, Trotz sogenannter Proteste will das IOC den olympischen Fackellauf nicht unterbrechen – das wird die Friedrich-Naumann-Stiftung ärgern, http://www.jungewelt.de/2008/04-10/003.php
(2) BIOGRAPHY, Paula J. Dobriansky, Under Secretary, Democracy and Global Affairs, Term of Appointment: 05/01/2001 to present, http://web.archive.org/web/20080328155713/http://www.state.gov/r/pa/ei/biog/2969.htm
siehe auch eine frühere Version ihrer Biographie und Aufgabenbeschreibung auf der Seite des State Department, http://web.archive.org/web/20040215021407/www.state.gov/r/pa/ei/biog/2969.htm
(3) Senior Officials, http://www.state.gov/misc/19232.htm
(4) eine russische Übersetzung der „Captive Nations Resolution“ findet man in diesem Blog-Archiv, http://interesno.in/?p=1343, Der Begriff „Idel-Ural“ wird in der wikipedia so erklärt:
„The term Idel-Ural is often used to designate 6 republics of Russia of this region: Bashkortostan, Chuvashia, Mari El, Mordovia, Tatarstan, Udmurtia, especially in Tatar-language literature.“, http://en.wikipedia.org/wiki/Idel-Ural
Diese Region liegt auf der Landkarte mitten im Gebiet der Russischen Föderation und gehört seit der Herrschaft von Iwan Grosny zu Rußland . Man dürfte Lev Dobriansky wohl nicht Unrecht tun, wenn man ihm, seinen Gesinnungsgenossen und deren heutigen Adepten unterstellt, Rußland so weit wie möglich zerstückeln zu wollen.
Lev Dobriansky und die „Captive Nations Resolution“ aus der Sicht einer Russin in den USA:, Irina LEBEDEVA (USA), Such an Expensive Freedom, or the Domino Effect (2) http://en.fondsk.ru/article.php?id=411
(5) Council on Foreign Relations: Paula Dobriansky Biography (Web Archive) http://web.archive.org/web/20050308231118/http://www.cfr.org/bio.php?id=19
(6) Als Unterzeichner der Erklärung werden auf der Seite des PNAC genannt:
Elliott Abrams, Gary Bauer, William J. Bennett, Jeb Bush, Dick Cheney, Eliot A. Cohen, Midge Decter, Paula Dobriansky, Steve Forbes, Aaron Friedberg, Francis Fukuyama, Frank Gaffney, Fred C. Ikle, Donald Kagan, Zalmay Khalilzad, I. Lewis Libby, Norman Podhoretz, Dan Quayle, Peter W. Rodman, Stephen P. Rosen, Henry S. Rowen, Donald Rumsfeld, Vin Weber, George Weigel, Paul Wolfowitz, http://www.newamericancentury.org/statementofprinciples.htm
(7) The White House, Personnel Announcement, For Immediate Release, Office of the Press Secretary, February 2, 2005, http://www.whitehouse.gov/news/releases/2005/02/20050202-10.html
(8) Remarks on Release of Country Reports on Human Rights Practices for 2004, Paula J. Dobriansky, Under Secretary of State for Global Affairs, Washington, DC, February 28, 2005, http://www.state.gov/g/rls/rm/2005/42793.htm
(9) Description of the Advisory Committee on Democracy Promotion, Bureau of Democracy, Human Rights, and Labor, Washington, DC, April 18, 2007, http://www.state.gov/g/drl/rls/83845.htm
(10) Nachruf der International Campaign for Tibet für Jeane Kirkpatrick, http://www.savetibet.org/news/newsitem.php?id=1069
(11) World Tibet Network News, Friday, May 18, 2001, Paula Dobriansky Named Tibet Coordinator (ICT), International Campaign For Tibet Welcomes Under Secretarys Appointment To Post, http://web.archive.org/web/20040118005339/http://www.tibet.ca/wtnarchive/2001/5/18_2.html

ANHANG 1 – Paula Dobriansky: Mitgliedschaften in Gremien während der Clinton-Ära (Auswahl)
– Council on Foreign Relations (CFR)
– Balkan Institute (Steering Committee) (1995 bis 1998 – warb für Intervention der NATO auf dem Balkan)
– New Atlantic Initiative (NAI) (International Advisory Board) (Tochterorganisation des American Enterprise Institute [AEI], gegründet 1996 ; warb für die Ost-Erweiterung der NATO)
– Balkan Action Council (BAC) (Steering Committee) (1998 bis 2000 – für NATO-Intervention auf dem Balkan und Unterstützung der „demokratischen“ Opposition gegen Milosevic)
– Center for Security Policy (CSP) (National Security Advisory Council – NSAC))
– U.S. Committee for a Free Lebanon (USCFL) (Golden Circle) (1997 gegründet)
– National Endowment for Democracy (NED) (stellvertretende Vorsitzende des Board of Directors) (1995 bis 2001)
– Freedom House (Board of Trustees) (ca. 2000 bis 2001)

ANHANG 2 – Paula Dobriansky als Unterzeichnerin Offener Briefe während der Clinton-Ära (Auswahl)
– Project for the New American Century – Prinzipienerklärung (3. Juni 1997)
– New Atlantic Initiative (NAI) – Erklärung für die Ost-Erweiterung der NATO (9. September 1997)
– Offener Brief des PNAC an Clinton über Irak (26. Januar 1998)
– Komitee für Frieden und Sicherheit am Golf – Offener Brief an Clinton (19. Februar 1998)
– Project for the New American Century, International Crisis Group, Balkan Action Council, Coalition for International Justice – Offener Brief an Clinton („Mr. President, Milosevic is the Problem“) (20. September 1998)
– Balkan Action Council – Offener Brief an Clinton (Only Ground Troops Will End Ethnic Cleansing in Kosovo) (13. Mai 1999)
– „Ending Syria’s Occupation of Lebanon: The U.S. Role“ : Bericht der Libanon-Studiengruppe des Middle East Forum (Mai 2000)

Erstveröffentlicht am 17. April 2008 in der Berliner Umschau